MUAHAHAHAHA! – Oder auch: Warum ich Antagonisten liebe

Lange, lange, lange habe ich gezögert, diesen Beitrag anzufangen, weil ich einfach nie wusste, was ich denn eigentlich dazu zu sagen habe.

Aber nun weiß ich es! Und deshalb erfahrt ihr heute etwas über meinen eigentlich liebsten Part in Büchern: Den Anatagonisten, den Bösewicht, den Schurken, das BÖSE!

Man denkt sich jetzt bestimmt: Aber warum? Es gibt doch so viele andere Dinge, die ein Buch ausmachen, wie zum Beispiel das World-Building, die tollen Charaktere, die Spannung oder auch nur die fantastischen Wesen, die diese Buchwelt bevölkern.

Man könnte nicht richtiger liegen. Ich liebe es, wenn eine Welt großartig gebaut wurde. Ich liebe es, wenn die Charaktere Tiefe haben und auch mal anecken vor Lauter Kanten. Ich liebe starke Protagonisten und schnelle, spannende Geschichten.

Allerdings gibt es eins, was ein Buch für mich immer haben muss, ansonsten kann ich es entweder nicht ernst nehmen oder es macht für mich einfach keinen Spaß mehr: Den Antagonisten.

Und das ist auch kein Zufall: Denn seit es den Menschen gibt, stellt man sich auch immer wieder die Frage was denn das Gute und das Böse unterscheidet, was am Ende siegt und wie es im Menschen verankert ist.

Im Kern ist jede Geschichte, ob Theater, Film, Musik oder eben ein Buch, nichts anderes als die Fragestellung: Gewinnt das Gute über das Böse?

Halloween background with evil eyes and graveyard

(Design by freepik.com)
Wie sieht ein Bösewicht aus?

Wenn ich also von Antagonisten spreche, dann habt ihr doch alle bestimmt direkt ein Bild im Kopf, welchem ein Antagonist entsprechen sollte, oder?

Er kann unglaublich hässlich, wunderschön, gehässig, liebevoll, eine Frau, ein Mann, ein Kind, ein Greis, blond, schwarzhaarig, blauäugig, weiß oder schwarz sein.

Es geht einzig und allein um die böse “Aura”, die ihn umgibt.

Denn ich habe festgestellt, dass es nicht darum geht, wie der entsprechende Gegenspieler denn nun aussieht, sondern eben, dass er eine Ausstrahlung hat, die als raubtierhaft, grauenvoll, Angst einflößend oder abstoßend bezeichnet werden kann.

Dies bewirkt dann, dass sie in unseren Augen immer hässlicher werden. Der Bösewicht kann wunderschön sein, das Abbild eines Adonis oder einer Venus, und trotzdem sieht er in unseren Augen aus wie der Satan persönlich. Zumindest, wenn wir ihn uns – wie in Büchern – bildlich vorstellen müssen.

Wohingegen die Protagonisten immer schön sind. Zumindest in unseren Augen. Wir neigen dazu, sie zu stigmatisieren und sie schöner zu machen, als sie eigentlich beschrieben werden, wenn sie denn beschriebene Makel haben. Sie sind für uns die Helden in glänzender Rüstung und dementsprechend sofort um 5 Punkter hübscher als ihr Gegenspieler.

Das ist so biologisch angelegt. Dies könnte man auf Vorurteile schieben, aber Untersuchungen zeigen, dass unser Gehirn automatisch die Menschen attraktiver findet, mit denen wir uns verbunden fühlen und umgekehrt.

Was macht einen Schurken aus?

Schurken, Antagonisten, Bösewichte, Unholde, Wichte: Nennt sie, wie ihr wollt, in eurem Kopf entstehen immer wieder dieselben Bilder.

Moriarty, der geniale Gegenspieler von Sherlock. Ursula, die schreckliche Meerhexe aus Arielle. Joker, der verrückte Bösewicht aus Arkham City. Lex Luthor, der Superman immer wieder in die Verzweiflung treibt. President Snow aus den Panem-Büchern. Lord Voldemort aus dem Harry Potter-Universum.

Ihr wisst, worauf ich hinaus will: Diese Leute sind alles Antagonisten, die sich ins Gedächtnis einbrennen.

Doch warum tun sie das? Sind sie besonders grausam? Besonders böse? Oder einfach nur besonders gemein zu unseren Protagonisten?

Nein, keins von alledem. Was sie alle sind, ist eines: Gut geschriebene Charaktere.

In vielen Büchern sind die Bösewichte einfach nur besonders grausam und lassen viele Leute sterben.

In vielen Büchern wird immer wieder betont, wie BÖSE sie doch sind.

In vielen Büchern werden unsere Protagonisten geradezu mit Hindernissen überschütter.

ABER! Nichts davon macht einen Schurken aus. Was den Schurken ausmacht ist genau eine Sache: Sein gut geschriebener Charakter.

Niemand würde sich an Moriarty erinnern, hätte er nicht einen verschlagenen und herausfordernden Charakter eines Masterminds. Niemand würde sich an Ursula erinnern, wäre nicht ihr größter Wunsch, endlich die Herrscherin über alle sieben Weltmeere zu werden. Der Joker wäre ohne seine komplexe und undurchschaubare Psyche nie so berühmt geworden.

Dadurch lässt sich sagen: Der Charakter ist wichtig für den Schurken.

Aber warum nicht einfach für den Helden begeistern?

Fakt ist: Jeder Held braucht einen Schurken, um zu funktionieren. Ohne den Bösewicht braucht es keinen Helden. Der Bösewicht erzwingt sich einen Helden, der an ihm wächst und ihn immer wieder in seiner Schranken weist. Der Held braucht den Schurken, um zu wachsen und zu dem zu werden, was er ist: Der Protagonist.

Und das macht das Böse essentiell für jede Geschichte. Kein guter Bösewicht = keine gute Geschichte.

Das ist genauso einfach wie erstaunlich.

Und natürlich begeistere ich mich auch für den Protagonisten. Aber noch mehr interessiert mich, wie der Bösewicht seine Ressourcen einsetzt, um den Protagonisten zu formen. Um ihn zum Helden zu machen. In gewisser Weise könnte man behaupten der Bösewicht ist der Lehrer des Helden.

Wie setzt er Gewalt ein. Mit welchem Ziel. Welche Strategien setzt er an. Führt er hinters Licht. Ist er klug genug, die Schritte des Protagonisten zu durchschauen.

Aber noch viel wichtiger (und das ist der Kern dieses Posts): Welche Absichten hat er? Welche Vergangenheit besitzt er? Welche Erlebnisse haben ihn geformt? Wie sieht seine Philosophie aus? An welcher Stelle in seinen Gedankengängen ist er falsch abgebogen, dass so etwas aus ihm werden konnte. Kann man seine Logik nachvollziehen?

Für mich sind die besten Bösewichte immer noch diejenigen, deren Logik eigentlich nachvollziehbar ist. Wo man sich erschreckender Weise denkt: Oh fuck, das klingt absolut logisch! Das hätte jeder denken können!

Solche Bösewichte will ich immer und überall haben!

Eine zweite Sache ist die, dass die meisten Antagonisten ja gar nicht merken, dass sie die Bösen sind. (“Nobody is ever the evil in his own story.”) Sie merken es nicht und denken, sie schützen ihre Lieben oder sich selbst. Sie denken, sie tun das Richtige. Und das ist höchst faszinierend für mich.

Warum sie deshalb auch eine Stufe wichtiger für mich sind, als Protagonisten, ist die Tatsache, dass es einfach ist, gut zu sein. Es ist das, was jeder von uns von zu Hause kennt. Sei immer nett. Sei immer gut zu allen anderen. Sei immer der Gute.

Es ist die einfach Entscheidung, der Gute der Geschichte zu werden. Die moralischen Grenzen sind schnell abgesteckt und meistens muss man sie auch nicht übertreten: Töte niemanden. Stehle nicht. Löse so viel wie möglich gewaltfrei. Rede, statt zu kämpfen. Respektiere andere.

Aber wenn erst mal der Schritt in die andere Richtung getan ist, gibt es keine Grenzen mehr. Was kann man noch tun und was nicht. Jeder Bösewicht muss für sich selbst eigene moralische Grundsätze festlegen, die er erst mit der Zeit etablieren kann.

Dies ist ein wahnsinnig harter Prozess, der die meisten von ihnen in ein Stadium treibt, in welchem sie selbst nicht wissen, wohin mit ihrer ganzen Macht und daraufhin die Kontrolle über ihre eigenen Gedanken und Handlungen verlieren.

Dies ist unglaublich spannend mit anzusehen. Und genau deshalb liebe ich Antagonisten.

Alles klar…aber du weißt schon, dass sie böse sind, oder?

Ja, ich weiß.

Aber es ist die Faszination für das Böse, dass die Menschheit schon seit Ewigkeiten umtreibt.

Warum habe ich denn sonst so ein riesiges Interesse in Serienkiller und mysteriöse Verbrechen?

Warum lesen wir denn alle Krimis und Thriller? Bestimmt nicht, weil wir so gerne beschrieben haben, wie Blut und Gedärme aussehen.

Wir sind fasziniert vom Bösen und seiner Beschaffenheit. (Fragt da mal Harley Quinn, die war ein wenig zu fasziniert…)

Ich hoffe jede Sekunde, dass der Antagonist gestoppt wird. Und ich hoffe mit jeder Sekunde, dass das Gute gewinnt. Aber bis es so weit ist, liebe ich es, dem Bösen bei der Arbeit über die Schulter zu schauen.

Was ist denn mit Anti-Helden?

Das ist für mich die Cremé de la Cremé der Dinge, die ein Buch für mich schmackhaft machen. Wenn der Gute einsieht, dass auch er nicht immer gut sein kann, weil er sonst untergeht oder das Böse nicht besiegen kann.

Wenn es nur noch darum geht, wer das geringere Übel auslöst und nicht mehr darum, niemandem etwas zu Leide zu tun.

Wenn der Held damit konfrontiert wird, dass auch er zu schmutzigen Mitteln greifen muss und manchmal sogar Katastrophen auslösen oder hinnehmen muss, damit hinterher etwas Gutes entstehen kann.

Wir reden hier nicht von Karikaturen von Anti-Helden, wie beispielsweise Deadpool (Auch wenn der unfassbar cool ist. Der Film war der HAMMER!), sondern von realistischeren Beispielen:

  1. Katniss Everdeen: Auch wenn ich sie echt nicht ausstehen kann, ist sie ein Gutes Beispiel. Sie sieht, dass die Rebellion geschehen muss, weil alle unterdrückt werden und ständig in Gefahr sind, allerdings muss sie ihr Volk in ständige Gefahr begeben, dadurch, dass sie die Rebellion anzettelt und ihr Land von den Hungerspielen und dem Schreckensregime befreien will.
  2. Darrow von Lykos: Wer “Red Rising” gelesen hat, weiß genau wovon ich rede. Darrow ist ein eiskalter Killer. Er nimmt Tote in Kauf, damit seine Pläne sich erfüllen können. Er benutzt Zivilisten als Schutzschild. Er hat keine Skrupel vor extremen Methoden. Und trotzdem tut er dies alles nur, damit die Weltengesellschaft sich auflöst und die Herrschaft der Goldenen aufgelöst wird.
  3. Celaena Sardothien: Jeder Throne of Glass-Fan wird nun automatisch empört nach Luft schnappen, aber leider ist es wirklich so: Celaena ist ein richtig böses Mädchen. Sie bringt Leute um, ohne mit der Wimper zu zucken, und ist eine trainierte Assassinin. Außerdem sieht sie ein, dass Opfer gebracht werden müssen und auch wenn sie diese zu vermeiden versucht, muss auch sie Dinge tun, die nicht immer heldenhaft sind.

Lasst uns diskutieren!

Was macht für euch einen guten Schurken aus? Was ist euer Lieblingsschurke? Seid ihr auch so verzweifelt auf der Suche nach tollen Schurken wie ich? Wie ist euer Standpunkt zu Antihelden? Und ganz wichtig: Protagonist oder Antagonist?

Liebe Grüße (Ich freue mich sehr auf anregende Diskussionen!),

Anna

 

28 Comments

  1. Pingback: #Leseparty - die g'scheite Alternative zur Buchmesse • Zeit zu Lesen

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