Rant oder Verriss – Darf man das überhaupt?

In letzter Zeit sind die Diskussionen immer wieder aufgetaucht wie ein Wildfeuer, was man einfach nicht mehr ausbekommt: Wie gehen wir mit Rants um? Was ist das überhaupt?

Und vorallem: Ist das überhaupt ok? Darf man sich einfach so über ein ganzes Buch lustig machen?

Genau dieser Frage möchte ich heute nachgehen und hoffe, dass wir eine ganz tolle Diskussion haben können, die zu einem Ergebnis führt, mit welchem wir alle zufrieden sein können!

Also: Was ist ein Rant und wie gehen wir damit um?


Rant_Legitimation

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Was ist ein Rant?

Wie man sich sicher denken kann, hat dies keine einheitliche Definition, da es ein Wort ist, was in ziemlich vielen verschiedenen Bereichen verwendet wird.

In unserem Bereich – nämlich dem der Buchrezension – meint der Rant eine Buchrezensiion, die sich auf die negativen Dinge des Buches konzentriert, diesen übermäßig viel Aufmerksamkeit schenkt und sich mit ironischen oder sarkastischen Mitteln über diese echauffiert.

Dieser kann auch als Zerriss oder Verriss gesehen werden.

Generell lässt sich dieses Konzept des “humoristischen Aufregens” auch auf andere Beiträge anwenden (siehe “COVER-RANT“).


PRO

  • Einfach nur eine Meinung!

Eine Sache, die man sich bei Rants immer klar vor Augen führen musst, ist, dass es eben auch nur eine Meinung ist, die der Blogger ausführt.

Bei durchweg positiven Rezensionen, die angebracht werden, um die unendliche Liebe zu einem Buch auszudrücken, beschwert sich schließlich auch niemand, dass diese Beschreibungen nicht zutreffend seien, oder dass die Emotionen völlig unangebracht seien.

Wenn also jemand eine positive Meinung anbringen kann, warum nicht auch eine negative?

Humor, Ironie und Sarkasmus sind dabei auch nur Stilmittel des Autors/der Autorin, die sie anwenden kann, um ihre Punkte zu untermauern und diese zu verfestigen.

Klar können diese Over the top sein, aber genau dies ist Geschmack eines jeden Einzelnen und für jemand anderen sollte eine Buchbesprechung vielleicht genauso aufgebaut sein.

 

Warum also sollte man von einem Buch schwärmen dürfen, es aber nicht schlecht bewerten?

  • Negative Meinungen sollten genauso normal sein, wie positive

Eine Analyse von Tobi von lesestunden hat herausgefunden, dass 86% der Bücher von Bloggern mit 4 oder mehr Sternen bewertet werten. Wenn das mal nicht eine Sache ist! 86% der Bücher sollen überdurchschnittlich gut sein?

Klar dürfte dies auch an der unterschiedlichen Auffassung der Kriterien liegen, aber es zeigt doch die Tendenz, immer positiver zu sein, immer etwas besser zu bewerten.

Eine negative Bewertung scheint wohl sehr ungewöhnlich zu sein. Warum eigentlich?

Ist die 5-Sterne-Bewertung nicht genauso aufgeteilt, dass 3 Sterne den Durchschnitt oder sogar etwas über dem Durchschnitt repräsentieren sollten?

Wenn man davon ausgeht, dass auch Bücherwürmer meistens in ihrem bevorzugten Genre lesen und daher bessere Wertungen zustande kommen, kann man eine kleine Abweichung noch durchgehen lassen.

Aber eine so große?

Durch diese Überschwemmung und Übermacht verschwinden negative Meinungen schnell im Sumpf der Rezensionen, aber sie sind genauso wichtig wie positive.

Denn wo andere Stärken des Buches wahrnehmen, liegt es anderen am Herzen, auch Schwächen anzusprechen.

Denn Geschmäcker sind durchaus unterschiedlich und wenn jemand überall ALLE Bücher empfohlen bekommt, hilft diese Einschätzung auch nicht mehr weiter.

Negative Rezensionen sind also sogar wichtig für den Erhalt und die Glaubwürdigkeit des 5-Sterne-Bewertungssystems!

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  • Jeder sollte seine Meinung ausdrücken dürfen, wie er will

Eigentlich ein alter Hut, aber ich will es hier nochmal erwähnt haben: Jedem steht es frei, seine Meinung zu präsentieren, wie er will.

Wenn er dabei auch auf Witze und Sarkasmus zurückgreift, um aus dem Negativ-Erlebnis des Buches noch ein positives Erlebnis für seine Leser zu machen, wo ist dann das Problem?

Natürlich sollte ein Autor einer Rezension niemals auf offensichtlich beleidigende Inhalte zurückgreifen und Leser und Autor gleichermaßen beleidigen.

Dies habe ich aber auch noch bei keinem Rant wirklich gesehen. Meist wird sehr deutlich klar gemacht, dass es eben der Unterhaltung dient und nicht ernst gemeint ist.

Der Respekt vor dem Buch und dem Autor sollte trotz allem gewährt bleiben.

  • Auch negative Meinungen können zum Kauf anregen

Wie schon einmal sehr treffend auf Twitter formuliert: “Manchmal kaufe ich ein Buch auch nur, weil jemand es zerrissen hat und ich sehen möchte, ob das auch stimmt”

Tatsache ist: Auch negative Meinungen können zum Kauf des Buches anregen!

Offensichtlich haben wir Bücherwürmer auch manchmal ein sehr masochistisches Verlangen, wenn wir manchmal einfach nur schlechte Bücher lesen wollen. Da kommt uns ein Rant gerade recht.

Beziehungsweise man möchte überprüfen, ob an der Meinung des Rezensenten wirklich etwas dran ist und ist deshalb neugierig auf das Buch geworden.

Wie auch immer das menschliche Gehirn in dieser Sache funktioniert, eine Sache ist klar: Negative Rezensionen und Rants machen neugierig auf das Buch und sind manchmal effektiver als eine positive Rezension.

Daher erfüllen sie ganz ihren Zweck, den Leser des Blogs auf Lektüre hinzuweisen, die vielleicht auch außerhalb seiner Komfortzone liegt und ihm diese vorzustellen.

  • Fragwürdige Dinge sollen und müssen angesprochen werden

Und wieder gilt: Wenn ein Buch oder ein Autor einfach Mist in sein Buch schreibt, dann muss das von uns Kritikern herausgefiltert, analysiert und angeprangert werden.

Egal, ob es sich dabei um ein Buch handelt, was man selbst total toll fand, egal, ob es von der Lieblingsautorin oder dem Lieblingsautor kommt und egal, wie toll die Fantasyelemente ausgearbeitet waren.

Wenn ein Autor rassistisch, homophob, sexistisch oder einfach nur falsche Dinge schreibt, dann sieht man das, dann muss man das aussprechen, dann muss man das verurteilen.

Da ist es ganz egal, wie toll das Buch sonst ist.

Problematische Dinge MÜSSEN angesprochen werden, weil gerade Bücher die Denkweise von uns allen berühren und formen.

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  • Kritik am Buch ist nicht immer Kritik am Leser des Buches!

Was oft auch missverstanden wird, ist Folgendes: Wenn ein Rezensent ein Buch nicht mag, heißt das nicht, dass sich nun alle Leser des Buches, die es für gut befunden haben, angegriffen fühlen müssen.

Ich habe es öfter gesehen, dass es eher denjenigen gegen den Strich ging, dass ein Buch schlecht bewertet wurde, die das Buch gut fanden.

Aber der Rant ist keine Kritik an den Lesern des Buches, sondern am Buch selbst!

Und auch das beste Buch wird immer Kritik abbekommen, welche die positiv gestimmten Leser aushalten müssen.

So läuft Meinungsfreiheit eben.

  • Es macht verdammt viel Spaß!

Und zuletzt ein Punkt, der mir am Herzen liegt, vielleicht aber nicht für alle verständlich ist: Es macht Spaß. Riesigen Spaß.

Es ist erfrischend, mal die Wut auf sämtliche Klischees, auf abgekupferte Welten, Charaktere und Erzählstrukturen herauszulassen.

Es ist definitiv erwähnenswert, wie kreativ die Beschreibungen von oberflächlichen Charakteren werden können, wie witzig Absurditäten in den Vordergrund gestellt werden können.

Kritik ist immer einfach als Lob, aber die Kreativität der Kritik ist definitiv erwähnenswert.


NEGATIV

  • Manchmal sind die Kommentare an der Grenze zur Respektlosigkeit

Ein oft genutztes Gegenargument ist, dass die Kommentare zum Buch manchmal die Grenze zur Respektlosigkeit überschreiten und sich ungebührlich zum Buch und seinem Inhalt äußern.

Ist es denn respektvoll, die Inhalte des Buches in der Luft zu zerreißen und sich dann noch über die lustig zu machen?

Würde es nicht reichen, die negativen Inhalte einfach zu benennen?

So fühlen sich doch auch noch andere Leute angegriffen und eine hitzige Diskussion entzündet sich, wo keine sein müsste.

  • Darf man sich über das Herzblut anderer Leute lustig machen?

Ein Autor macht sich schließlich Monate, wenn nicht sogar Jahre damit, das Buch zu schreiben, zu überarbeiten und für seine Lehrer zu veröffentlichen.

Wie würde man selber sich fühlen, wenn sein Herzensprojekt auf den Boden geschmissen und zertrampelt würde? Bestimmt fände man das dann nicht gut, nur weil dadurch eine Quote an negativen Rezensionen abgedeckt wird und der Rezensent sich abregen musste.

Das Ironisieren und Nicht-Ernstnehmen von Inhalten oder das Lustig-Machen über ganze Bücher kann schnell ermüdend werden, wenn es keine begründete Kritik mehr ist.

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Was uns zum nächsten Punkt bringt:

  • Das ist keine Kritik mehr

Auch ein großer Kritikpunkt: An manchen Stellen überschreitet die “Kritik” am Buch die reale Kritik und wird zu einem sinnlosen Aufregen, welches die Regeln des Respekts aus allen Hebeln hebt und dementsprechend nicht mehr so annehmbar ist.

Schwierig an diesem Punkt ist aber immer, dass diese Grenze bei jedem anders verläuft und es daher keinen einheitlichen Konsens darüber geben kann, wo die Grenzen denn nun wirklich verlaufen.

Daher gibt es hier eine große Diskrepanz zwischen Menschen, die sich etwas direkter ausdrücken und jenen, die es lieber weniger direkt sagen.

  • Manche scheinen sich einen Sport daraus zu machen

Und dies ist nun wirklich der letzte Punkt: An manchen Stellen des Bloggerversums scheint es regelrecht ein Sport geworden zu sein, Bücher runter zu machen, ihnen die Berechtigung abzusprechen, gemocht zu werden und möglichst viele schlechte Wertungen zu verteilen.

Allerdings kann dies auch nur als Tendenz betrachtet werden, da eben auch einige Blogger kritischer mit ihrer Lektüre umgehen, als andere und unterschiedlich streng bewerten.

Daher ist diese Tendenz zwar ansatzweise zu beobachten, aber mit nichts wirklich zu belegen.


FAZIT

Rants sind ein schwieriges Thema, es spricht vieles für und gegen diese Art der Rezension.

Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass diese Art dem negativen Erlebnis des Buches doch noch etwas Positives abgewinnt, Ironie und Sarkasmus verwendet, um die negative Meinung herüberzubringen und im Regelfall nicht ernst gemeint beleidigt.

Außerdem übernimmt der Rant meist den ungewollten Job der negativen Rezension.

Berechtigte Kritik am Rant ist allerdings die “Respektlosigkeit” mit dem sich mit den Werken der Autoren auseinandergesetzt wird und, dass es keine Kritik mehr sei, sondern nur noch ein gezieltes Lustig-Machen über die Bücher.

Es scheint wohl auch stellenweise ein Sport geworden zu sein, Bücher zu zerreißen.


Nun bin ich auf eure Meinungen gespannt!
Was denkt ihr über Rants? Mögt ihr sie oder mögt ihr sie gar nicht lesen? Habt ihr selber schon mal einen Verriss geschrieben? Was ist eure Meinung: Werden wir zu harsch mit unseren Worten?

Ich freue mich schon total auf die Diskussion!

 

49 Comments

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