Rezension: “Caraval” von Stephanie Garber

Es ist wohl DAS Debüt des Frühjahrs und sehnsüchtig erwartet. So heiß erwartet, dass es im englischsprachigen Raum gleich in 5 Ausgaben mit verschiedenen Drucken erschienen ist!

Außerdem hat es jetzt schon einen Verfilmungsvertrag und wird in sehr viele Sprachen übersetzt: “Caraval” von Stephanie Garber verspricht nicht nur eine magische Welt voller Wunder und Außergewöhnlichem, sondern auch noch eine mysteriöse Jagd nach einem rätselhaften Wunsch.

Alles wunderschön und gut, aber kann das wirklich was? Kann man die Magie des Buches spüren? Und kann das Buch wirklich so viel, wie alle versprechen?


Bibliographische Daten

  • Autor: Stephanie Garber
  • Genre: Fantasy
  • Verlag: ivi (Piper)
  • Seitenzahl: 396 S.

Kurzbeschreibung

Seit Scarlett ein kleines Mädchen ist, hat ihre Großmutter ihr von Caraval erzählt. Dem magischen Spiel, welches niemals zum selben Ort zieht. Als ihre Mutter verschwindet, schreibt Scarlett an den Spielmeister Legend und bittet ihn Jahr für Jahr, Caraval zu ihnen auf die abgeschiedene Insel zu bringen, um dem Leben mit ihrer Schwester und ihrem gewalttätigen Vater zu entfliehen.

Als ihre arrangierte Hochzeit bevorsteht, kommt eine Antwort von Legend. Er lädt sie nach Caraval ein. Doch was sie dort erwartet, hätte Scarlett sich niemals vorstellen können…

(Mal wieder abgewandelt, denn Come On! Der offizielle Klappentext stellt das Buch anders da, als es wirklich ist!)


Garber_Caraval


eigene-meinung

POSITIV

  • Das Setting ist magisch und wunderschön!

Das Setting hat mich von Anfang an an den “Nachtzirkus” von Erin Morgenstern erinnert! Eine Art Zikus und ein Ort, der voll ist von Magie, Erstaunlichem und Absonderlichkeiten.

Und für ein paar Szenen gelingt es diesem Buch auch, diese Atmosphäre zu schaffen. Man fühlt sich wie in einem Märchen, die Magie umgibt alles und jeden im Buch und eine gewisse kindliche Freude liegt über allem, was um einen herum passiert.

Kurzum, die Beschreibung des Zirkusses, der Darsteller und vor allem der verschiedenen Läden, Straßen und Häusern erinnert durchaus an das Wunderland oder eben an den Nachtzirkus.

Wundervolle Absurditäten, liebevoller Quatsch und natürlich jede Menge Fantasie!

Garber_Caraval_5.jpg

  • LIEBESGESCHICHTE!

Mal wieder eins der Dinge, was ich einfach erwähnen muss!

Denn auch wenn die Liebesgeschichte sowas von im Fokus der Geschichte steht und dadurch manchmal total nervig wird (Näheres dazu gleich) mag ich diese Geschichte sehr gerne!

Im Großen und Ganzen geht es um Julian und Scarlett, die in diesem verrückten und magischen Spiel Scarletts Schwester finden müssen und sich dabei mehr schlecht als recht durchschlagen.

Dabei entstehen aber auch Situationen, in denen die beiden ein Band knüpfen und lernen, aufeinander aufzupassen, was wichtig ist, wenn man mit einem Partner zusammenarbeitet.

Die beiden merken, wie es ist aufeinander aufzupassen und finden auch langsam heraus, was sie aneinander finden. Wie gesagt, dabei entstehen auch Situationen, die alles kribbeln lassen und in denen man sich einfach nur mit den beiden freut.

Ich liebe es, wenn man die Spannung und das Potenzial zwischen zwei Charakteren spüren kann und das ist hier definitiv geschehen!

Garber_Caraval_4.jpg

  • Plottwists und Rätselraten

Was mich auch sehr erstaunt hat, waren die wirklich gut ausgearbeiteten Plottwists und das Rätselraten, was sich durch das ganze Buch zog.

Mehrmals tauchten Situationen auf, in denen man sich dachte: “Ok, alles klar, wir haben alles rausgefunden, weiter zum Showdown!”, nur um dann in der nächsten Szene wieder komplett umgeschmissen zu werden, weil sich alles doch als ganz anders herausstellt.

Scarlett wird zu Anfang gesagt, dass sie nichts glauben darf, was im Spiel passiert, da es nicht echt sei.

Und auch der Leser zweifelt teilweise stark an seiner eigenen Wahrnehmung, was echt gut gemacht ist!

  • Die Geschichte hinter der Geschichte

Dies ist kein Spoiler, aber am Ende stellt sich heraus, dass der größte Plottwist noch gar nicht erwähnt wurde und der Leser quasi noch gar nichts weiß. Die ganze Geschichte war also nur der Anfang!

Das fand ich sehr gut gemacht, man hat gleich sehr viel Lust auf den nächsten Band bekommen!

Kennt ihr diese Momente, in denen man denkt, alles erfahren zu haben, was es zu erfahren gibt, nur um dann total umgeschmissen zu werden und zu erfahren, dass es nur die Spitze des Eisbergs war? Genau so ist das Ende von “Caraval”! Und ich liebe das!

NEGATIV

  • Wo…war das Worldbuilding?

Um einmal einen ganz krassen Vergleich anzustellen: “Der Nachtzirkus” von Erin Morgenstern hatte aus einem Grund das Setting in unserer Welt: Es ist unmöglich oder zumindest sehr schwer, eine fantastische Welt aufzubauen und in diese selbst noch mal einen magischen Zirkus hineinzusetzen. Daher war “Der Nachtzirkus” auch so gut, denn das magische Setting war perfekt.

Im Gegensatz zu “Caraval”. In diesem Buch werden die beiden Schwestern von Random Insel X in Land Y auf eine andere Insel Z gebracht. Niemand erklärt, wie diese Welt funktioniert, obwohl einmal kurz angerissen wird, wie die Inseln angesehen werden. Wie funktioniert die Gesellschaft? Warum lernen wir nichts anderes kennen als die beiden Schwestern in ihrem Elfenbeinturm und dann in Caraval?

Das Worldbuilding besteht einfach nur aus: Ok, hier Insel, da Insel, da Festland. Das war’s.

Wenn man einen magischen Ort aufbauen will, kann man nicht noch eine komplexe Fantasy-Welt drumherum bauen, ohne sehr viel Zeit und Ärger auf sich zu nehmen und den Leser zu verwirren. Das ist eine Monster-Aufgabe, an der Stephanie Garber leider grandios gescheitert ist oder sich einfach nicht an die Welt um ihre Spielwelt gekümmert hat.

dav

  • Flirting vs Kissing

Es gibt da so einen Punkt, wo der Autor das Flirten der Charaktere auch in Action umsetzen muss. Und normalerweise ist das dann der Höhrpunkt des Rumturtelns umeinander.

Aber wenn der Autor das völlig in den Sand setzt, die Szene quasi sofort abwürgt, den Charakteren keine Zeit gibt, sich ordentlich zu entwickeln und generell jede Spannung aus der Szene raus nimmt, indem sie staubtrocken schreibt, dann habe ich damit schon ein kleeeeines Problemchen.

  • Gefühle als…Farben?

Ich bin ja wirklich ein Freund der coolen und ausschweifenden Schreibstile, wenn sie gut gemacht sind. Ich liebe Abschweifungen, magische Beschreibungen und tolle Metaphern.

Was ich absolut nicht leiden kann, sind Vergleiche und Metaphern, die keinen Sinn ergeben.

Was mich an diesem Buch mehr als nur verwirrt hat, ist, dass die Protagonistin Gefühle als Farben sieht. FARBEN! Und dabei hat sie eine besondere Abneigung gegen Lila.

Fragt mich nicht, wie viele Male ich quasi von ganzen Farbbomben umnebelt war, wenn ich in diesem Buch gelesen habe. Und jedes Mal tauchte ich aus diesen wieder auf und war…verwirrt. Total verwirrt.

Garber_Caraval_3.jpg

  • Verfehlung der Darstellung der Magie

Magie ist sowas Cooles, so ein eigenständiges Feeling, etwas, was ich liebe und in jedem Buch wieder von Neuem von fasziniert werde.

Und hier fehlt es einfach komplett. Immer wieder. Ich wollte in die Welt abtauchen, Magie erleben, verzaubert werden.

Was habe ich gekriegt? Halbgares Popcorn, Farben, die mehr als überschwänglich eingesetzt werden, komische Läden und seltsame Charaktere.

Kein magisches Feeling, keine kindliche Faszination. Und ich sitze da, bin total enttäuscht, will mich verkriechen und eine andere, viel coolere Geschichte mit Magie lesen.

Wie kann man denn ein magisches Buch schreiben wollen, aber die Magie total vergessen?

  • Und jetzt alle: N.A.I.V.E. P.R.O.T.A.G.O.N.I.S.T.I.N

Ich hasse das. Ich hasse es wirklich. Das Syndrom der nervigen und naiven Protagonistin. Und irgendwie scheinen das momentan quasi alle Protagonistinnen im Jugendbuchgenre zu haben.

Die Protagonistin nervt. Sie verlässt sich nur auf den männlichen Protagonisten. Sie glaubt alles, was ihr erzählt wird, auch wenn ihr gesagt wurde, dass es eben nicht wahr ist. Sie trifft falsche Entscheidungen. Sie übersieht tausende von Hinweisen. Sie nimmt falsche Dinge vorschnell an. Sie kann sich nie entscheiden, ist wankelmütig und generell einfach verdammt nervig.

Außerdem kann sie nicht aufhören an ihre verdammte Vermählung, ihren Vater oder die beknackte Insel zu denken, während sie das größte Abenteuer aller Zeiten erlebt. Wäre das am Anfang so gewesen und hätte sie sich entwickelt, wäre das sogar genial.

Aber so? So kann ich Scarlett überhaupt nicht ernstnehmen, immer wieder den Kopf schütteln und mir wünschen, dass das Buch aus der Sicht von Scarletts Schwester erzählt worden wäre.

Das Buch hätte so viel toller sein können, wäre Scarlett nicht so eine dumme Pute gewesen.


fazit

“Caraval” wollte ich unbedingt lieben, es magisch finden und so individuell, dass ich es gar nicht erst mit dem “Nachtzirkus” von Erin Morgenstern vergleichen will.

Das Dumme ist aber: “Caraval” ist nicht mehr als ein billiger Abklatsch dieses grandiosen Romans mit ein paar halbwegs spannenden mysteriösen Elementen. Wenn ihr einen wirklich magischen Roman lesen wollt, dann wagt euch an den Nachtzirkus. Wenn ihr eine seichte Liebesgeschichte mit verwirrenden Fantasy- und Magieelementen haben wollt, dann wagt euch an Caraval.

Eine nervige Protagonistin, eine zu starke Liebesgeschichte und eine viel zu generische Handlung sind negative Punkte, die Caraval ausmachen.

Positive Punkte sind allerdings die Geschichte hinter der Geschichte, die teilweise doch magische Atmosphäre und die Bevorzugung von Familie über Liebe.

tintenkleckse_3

3 von 5 Tintenklecksen!

 

27 Comments

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*