Ich habe Harry Potter nicht gelesen.
Ok, die ersten drei Bände habe ich mittlerweile nachgeholt, also kenne ich schon etwas dieser Reihe, aber den großen Harry Potter-Hype kann ich leider immer noch nicht nachvollziehen.
Ein kleiner Einblick in das Leben von jemandem, der nicht den Harry Potter-Wahn einer gesamten Generation mitmacht.
Kleine Geschichtsstunde
Bitte nicht falsch verstehen, ich liebe Bücher. Ich liebe Bücher über alles und habe auch eine absolute Lieblingsreihe, die ich jedem ans Herz lege.
Aber die Harry Potter-Bücher sind schon eine Sache für sich. Ein Phänomen, was sich mir nicht erschließt. Warum? Weil sie an mir komplett vorbeigingen, als ich in der Grundschule war. Das war die Zeit, wo alle diese Bücher gelesen haben, spätestens dann in der weiterführenden Schule. An mir sind die Filme und die Bücher vorbeigegangen, ich habe auch mittlerweile nicht mehr den Drang, sie unbedingt zu lesen oder zu schauen.
Allerdings ist diese Reihe so ins Allgemeine Gedächtnis gesickert, dass man an jeder Ecke damit konfrontiert wird, das man sie eben nicht gelesen hat, weil sie bei allen anderen einen großen Teil der Kindheit oder des Lebens ausmachen.
Wie das so ist? Komm, ich zeig euch das:
Die verschiedenen Stufen des Nicht-Kennens von Harry Potter
Merken, dass alle anderen offensichtlich eine Welt der Magier kennen
Mit etwa zehn Jahren hatte ich dann gemerkt, dass offensichtlich alle um mich herum genau wussten, worum es in dieser Welt geht, dauernd Zaubersprüche von sich gaben und sich darüber unterhielten, in welche Häuser sie sich zuteilen würden.
Ich verstand davon recht wenig, hatte aber mit meinen anderen Freunden einfach andere Themen zu besprechen, daher kümmerte es mich wirklich nicht weiter.
Allerdings hat man bei so etwas, was sich ohne die Lektüre der Bücher nicht erschließt, schon ein mulmiges Gefühl, worüber denn alle reden, aber ich war absolut schüchtern und hätte mich nie gefragt, von was meine Klassenkameraden denn da reden.
Ungläubiges Staunen
Erzählt mal heute wem, dass ihr Harry Potter weder gelesen noch geschaut habt. Denn selbst die Lesefaulen können sich heute damit retten, dass sie eben die Filme gesehen haben, auch wenn die für die Hardcore-Fans viel zu viel auslassen.
Die häufigste Reaktion ist wirklich ungläubiges Staunen, hochgezogene Augenbrauen und dann erstmal Schweigen.
Es kommt wohl niemandem in den Sinn, dass man diese Bücher nicht kennen könnte. Aber selbst darin liegt schon wieder ein gewisser Druck, diese Bücher doch endlich zu lesen.
Allerdings ergibt sich dabei eine ganz entscheidende Schwierigkeit: Ich kann das Erlebnis nicht mehr nachvollziehen. Viele haben diese Bücher gelesen, als die Kinder oder Jugendliche waren, es hat sich in ihre Lebensgeschichte eingebrannt und wird nie wieder daraus verschwinden. Auch ich habe solche Bücher, allerdings treffen diese nicht auf gesellschaftliche Anerkennung beziehungsweise fast schon Pflicht. Da ich nun aus diesem Alter raus bin, bezweifle ich, jemals eine so große Bindung zu diesen Charakteren aufbauen zu können.
“Aber die Filme hast du schon gesehen, oder?“
Nö. Kino war bei uns auch nicht so, außer eben Kinderfilme. (Komische Kindheit, oder?)
Wie gesagt: Viele retten sich darüber, dass es eben wenigstens die Filme sind. Daher können sie dann auch über diese Welt reden und kennen sich gut genug aus für Gespräche und Diskussionen.
Aber auch auf diese habe ich irgendwie gar keine Lust.
Allerdings wird danach der Unglaube nur noch größer. 😛
Man wird überall gespoilert
Ich weiß jetzt schon, wer stirbt und natürlich auch wann.
Natürlich kann man von niemandem erwarten, dass man diese Spoiler nicht mehr erwähnt, denn das ist so in das normale Wissen eingegangen wie dass Darth Vader Lukes Vater ist.
Aber es ist manchmal schon nervig, wenn man nicht weiß, ob und wann man diese Bücher noch lesen will, nochmal zehn Spoiler über Tode und Geschehnisse mitzukriegen.
Obwohl über die wirklich “wichtigen” Plottwists redet niemand, die kenne ich tatsächlich noch nicht! Mal sehen, ob und wann sich das ändert!
Niemand lässt einen mit Referenzen, Insidern oder magischen Gegenständen in Ruhe
Eulenpost? Gleis 9 3/4? Zeitumkehrer? Apparieren? Lumos? Patronus? Gryffindor?
Versucht das mal zu verstehen, wenn ihr noch nie was mit dieser Welt zu tun hattet! Ihr seid verdammt schnell verwirrt!
Und wenn man dann eine Sekunde zu spät reagiert, dann hagelt es komische Sprüche, ungläubige Blicke und natürlich Lachen.
Oder, am beliebtesten: “Anna, lies endlich Harry Potter!”
Leute: Das nervt!
JEDER will wissen, in welchem Haus du bist
Gryffindor, Hufflepuff, Slytherin, Ravenclaw. Das sind die vier Häuser und jeder muss ständig herausposaunen, in welchem er denn definitiv ist, welche absolut doof sind und in welches er vielleicht doch noch gehören könnte.
Und was ergeben meine Tests? Manchmal Ravenclaw, manchmal Slytherin.
But I don’t care. Jeder Mensch ist anders, das in vier Kategorien einzuteilen, finde ich doch irgendwie relativ absurd, aber ich beschwere mich nicht. Worüber ich mich beschwere ist, dass jeder es IMMER erwähnen muss! IMMER! Egal wo!
NIEMAND hört sich deine Gründe an, warum du es eben nicht lesen willst
Das ist eigentlich das größte Manko, was ich anzumerken habe: Niemand interessiert sich dafür, dass du es nicht liest oder lesen willst. Man sagt immer nur, dass du es lesen musst, dass es doch Teil deiner Kindheit sein müsste und dass es doch unfassbar ist, dass man diese Welt nicht kennt. Die Gründe, warum man es eben bisher noch nicht getan hat, was doch ein rares Phänomen ist, interessieren absolut niemanden. Man wird (drastisch gesagt) direkt verurteilt, direkt komisch angesehen. Wenn man einfach mal nachfragen würde, oder erklären würde, warum die Geschichte sich doch lohnt, hätte ich sie garantiert schon längst gelesen.
Zusatzrunde: Bücherwurm, der Harry Potter nicht gelesen hat
Wenn man aber zu dem Ganzen auch noch ein riesiger Bücherwurm ist, der damit angibt, sehr viel zu lesen, dann kann man quasi schon Bingo damit spielen. Hier einmal die gängigsten Reaktionen auf die Erwähnung, dass man Harry Potter nicht kennt.
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- Generelle Ungläubigkeit
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- “Ja, dann kannst du gar nicht so gerne lesen”
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- “Das ist doch ein Scherz, oder?”
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- “Nicht. Dein. Ernst.”
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- “Aber…aber…aber!”
- “Du bist doch kein echter Bücherwurm!”
- “Lies es doch endlich!”
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