Heute geht es wieder um einen Comic, der mich total überraschte, weil er einfach riesig groß ist! Und auch die Artworks sind ausschweifend, schön und definitiv absolut genial!
Ich spreche von einem politischen und gesellschaftskritischen Fantasy-Comic, der sich mit dem legendären goldenen Zeitalter auseinandersetzt.
Der gleichnamige Comic ist Teil dieser Rezension!
Bibliographische Daten
- Autorinnen: Roxanne Moreil, Cyril Pedrosa
- Genre: Comic, Historisch
- Verlag: Reprodukt
- Übersetzer: Ulrich Pröfrock
- Seitenzahl: 232 S.
- ISBN: 978-3-95640-183-1
Kurzbeschreibung
Ein Dorf, eine Insel, eine ganze Welt: Karen Köhlers erster Roman erzählt von einer jungen Frau, die als Findelkind in einer abgeschirmten Gesellschaft aufwächst. Hier haben Männer das Sagen, dürfen Frauen nicht lesen, lasten Tradition und heilige Gesetze auf allem. Was passiert, wenn man sich in einem solchen Dorf als Außenseiterin gegen alle Regeln stellt, heimlich lesen lernt, sich verliebt? Voller Hingabe, Neugier und Wut auf die Verhältnisse erzählt „Miroloi“ von einer jungen Frau, die sich auflehnt: Gegen die Strukturen ihrer Welt und für die Freiheit. Eine Geschichte, die an jedem Ort und zu jeder Zeit spielen könnte; ein Roman, in dem jedes Detail leuchtet und brennt.
Vielen Dank an den Reprodukt-Verlag für das Rezensionsexemplar!
Eigene Meinung
POSITIV
- Der Zeichenstil aus Kontrasten und scharfen Linien!
Zuerst etwas, was ich definitiv loben muss: Zum Großteil liebe ich diesen Zeichenstil abgöttisch! (Zum kleinen anderen Teil komme ich später noch!)
Der Zeichenstil wirkt lebendig, angemessen kindlich und gleichzeitig hochtrabend für eine Gesellschaft, die nun von einem Kindeskönig regiert werden soll. Dazu gibt es noch echt schöne Farben, Linien, die sich abwechseln mit einem eleganten und schlanken Stil und einem bulkigen und aufgeplusterten. Dabei geht es gar nicht anders, als anzumerken, dass der Zeichenstil durch starke Farbgebung und auch emotionale Nutzung der Farben nicht nur den Comic unterstreicht, sondern mit den Farben die Geschichte auch noch weiter erzählt. Ich habe es geliebt, auf jeder Seite nicht nur von der Geschichte, sondern auch von den Farben in ein neues Abenteuer geführt zu werden.
- Die beidseitigen Kunstwerke inmitten dieses Comics!
Teilweise nimmt sich der Schreibstil auch die Wichtigkeit heraus und sagt, dass er jetzt bitte diesen Comic dominieren möchte.
In beeindruckenden beidseitigen Landschaften oder Eindrücken gelingt es den Erschaffer*innen dieses Comics die Landschaften, Charaktere und Gemüter noch einmal besonders einzufangen.
Fesselnde Waldlandschaften bei Tag und Nacht ein pinkfarbener See aus der Froschperspektive, eine lodernde Wahnvorstellung und viele andere Dinge werden in diesen doppelseitigen Meisterwerken geradezu luxuriös in Betracht gezogen und die Geschichte wird so durch einen Moment angehalten, um die Stimmung oder das geschichtliche Element voll auskosten zu können. Unfassbar schön!
- Gesellschaftskritik en masse!
Im Herzen dieses Comics befindet sich allerdings etwas, was diesen Comic zu einem Meisterwerk werden lassen könnte: Eine Gesellschaftskritik, die so sehr im Vordergrund steht, dass sie ihresgleichen sucht. Hier wird nicht nur Kritik an der vorherrschenden Monarchie und dem Absolutismus gehalten, sondern eben auch an den anderen Konzepten, die innerhalb einer “klassischen” Revolution angefechtet würden wie der Kapitalismus mit seinem freien Markt und einem generellen neuen Herrschaftssystem. Ganz langsam und deutlich schält sich hier sogar die Idee einer kommunistischen Vorstellung heraus und wenn das mal nicht eine krachende Neuheit in einem mittelalterlichen Setting ist, dann weiß ich auch nicht mehr!
- Eine Prinzessin im Konflikt und eine Gesellschaft im Umbruch!
Da die Prinzessin ja gleich in den ersten Seiten ihres Thrones beraubt wird, ist unklar, welchen Verlauf die Geschichte weiterhin nehmen wird: Geht es darum, der Prinzessin ihren Thron wiederzugeben? Sollte man die Chance der Instabilität nutzen und die Monarchie besiegen? Ist die Monarchie überhaupt eine gute Herrschaftsform? All diese Konflikte tragen unterschiedliche Charaktere miteinander aus und dabei treffen Wertevorstellungen, Wünsche und Träume teilweise mit enormer Wucht aufeinander und können in mancher letzten Instanz gar nicht aufgelöst werden, ohne dabei Freundschaften oder Loyalitäten zu zerstören.
Am liebsten mochte ich den inneren Konflikt der Prinzessin, die durch die Hilfe einiger Charaktere hinterfragt, ob sie die Monarchie überhaupt gut findet und was ihr neuer Platz sein könnte, wenn sie ja keinen Thron mehr zurück erobern wollen würde. Höchst interessant!
- Feminism needed, anyone?
Hatte ich schon erwähnt, dass dieser Comic nur so vor Feminismus überquillt? Nicht nur folgen wir einer weiblichen Thronfolgerin, deren ursprünglicher Plan es ist, sich ihren Thron zurück zu holen, sondern genau diese stolpert relativ früh im Buch auf eine Gesellschaft von Frauen, die mitten im Wald leben! Diese Gesellschaft besteht nur aus Frauen, da Männer als ablenkend wahrgenommen werden und sie versorgen sich großteils komplett selbst, sie widmen sich dem Lernen und dem Lehren und sind sehr viel schlauer als viele Figuren in dieser Geschichte. Alleine dieses Konzept hat mich zu einer glühenden Bewunderin dieses Comics werden lassen!
- Ein wunderschönes Setting mit ein wenig Witz!
Das Setting dieses Comics ist einfach nur wundervoll! Ich liebe das Königreich, was uns aus vielen unterschiedlichen Winkeln gezeigt wird und kann es nicht erwarten, noch mehr davon in weiteren Bänden zu entdecken. Außerdem hat es noch ein wenig Witz verbaut, wenn wir einer Gruppe von Halunken und Räubern folgen, die nicht nur besonders dumm sind, sondern auch immer denen helfen, die ihnen am meisten Geld dafür bieten, was zu teilweise absurden Plänen und Ausführungen eben derer führt. Dabei muss es natürlich auch einen seltenen Comic Relief geben, der auch mal einen Witz reißt, der allerdings sogar meistens auf seine eigenen Kosten geht.
Ein schönes Detail in dieser doch gut ausgearbeiteten Welt!
NEGATIV
- Der Zeichenstil sagt mir nicht hundertprozentig zu
So schön ich die Kontraste und die scharfen Linien manchmal fand, so sehr störten sie mich dann doch im Gesamtbild des Comics. Ich denke, dass dieser Kritikpunkt gesamt meinem eigenen Geschmack zuzuordnen ist, allerdings muss ich ihn doch trotzdem vorbringen. Die grellen Farben mit den gleichzeitig manchmal schlampig ausgeführten Linien waren für mich teilweise einfach ein wenig zu viel und hat mich ein bisschen aus der Stimmung heraus katapultiert.
- Ich fand manche Charaktere in ihren übertriebenen Eigenschaften nervig
Dieser Comic arbeitet, wie eigentlich so viele andere in seinem Format auch, mit der Kunst der Übertreibung. Die Charaktereigenschaften der Protagonisten sind dabei natürlich auch inbegriffen. Und viele Charaktere wurden mir entweder dann doch zu einseitig dargestellt, indem sie auf genau eine Charaktereigenschaft reduziert wurden. Es gab jemanden, der sehr loyal war. Jemanden, der sehr frech und mutig war. Und jemanden, der sich nicht von der Liebe zu seinem Vaterland abbringen ließ. Allerdings waren diese Züge teilweise so übertrieben, dass ich sie dann doch nicht richtig ernstnehmen konnte und haben mich so ein wenig aus der Story rausgeworfen.
Fazit
Dieser Comic konnte mich voll und ganz von sich überzeugen! Ich liebe den Zeichenstil, die großen Landschaften und schöne Farbabstimmung, während die Geschichte mit mit ihrer Mysterie und den gesellschaftskritischen Elementen im mittelalterlichen Setting des Königshauses und der Unterschicht mich völlig gefesselt hat! Es geht nicht um die klassische Geschichte eines verlorenen Throns und außerdem um eine feministische Nebenstory! Ich liebe es und kann es nur empfehlen, wenn irgendeines dieser Themen für euch ansprechend klingen sollte!