Innovative Fantasy | “Strange the Dreamer” von Laini Taylor | Rezension

 Man könnte annehmen, es wäre nicht so, aber ich bin tatsächlich jemand, der eigentlich sehr gerne Fantasy liest. Was mich in den letzten Monaten ein wenig von der „reinen“ Fantasy entfernte, ist vor allem die Tendenz, immer riesige Bücher zu schreiben, die sich dann auch noch in riesigen Reihen fortsetzen.

So scheint es auch mit „Strange the Dreamer“ von Laini Taylor zu sehen, das im englischen Original über 600 Seiten hat, sein Nachfolger in der Dilogie (wenigstens das ist nicht ewig lang) sogar noch mehr. Der deutsche Verlag entschied sich deshalb, die Bücher in jeweils zwei Bände zu jeweils etwa 350 Seiten zu teilen. Am Ende kauft man also vier Bücher, wo man auf Englisch zwei kaufen würde.

Dementsprechend rezensiere ich hier auch gar nicht ein Buch, sondern eigentlich nur ein halbes. Also kann jeder Kommentar zum Plot eigentlich gar nicht richtig ernstgenommen werden, denn…ich kenne ja quasi nur die Hälfte.

Allerdings möchte ich es mir nicht nehmen lassen, trotzdem dieses halbe Buch zu rezensieren, denn so wurde es ja auch veröffentlicht.


Bibliographische Daten

  • Autorin: Laini Taylor
  • Genre: Fantasy, Jugendbuch
  • Verlag: one
  • Übersetzerin: Ulrike Raimer-Nolte
  • Seitenzahl: 343 S.
  • ISBN: 978-3-8466-0085-6

Kurzbeschreibung

 Das war Lazlos Hoggnunf, davon träumte er: dass im Laufe der Zeit, Korn für Korn, der graue Sand seines Lebens durch die strahlenden Farben seines Traums ersetzt werden würde.

Lazlo Strange liebt es, Geheimnisse zu ergründen und Abenteuer zu erleben. Zumindest auf dem Papier, denn außerhalb der Buchseiten erlebt der junge Bibliothekar nur wenig Aufregendes. Am liebsten verliert er sich in den Geschichten über die sagenumwobene Stadt Weep – ein mysteriöser Ort, um den sich zahlreiche Geheimnisse ranken. Als eines Tage Freiwillige für eine Reise nach Weep gesucht werden, steht für Lazlo sofort fest, dass er dabei sein muss. Die Gruppe macht sich auf den Weg ins Ungewisse. Wird sein größter Traum nun endlich Wirklichkeit?


Vielen Dank an den one-Verlag für das Rezensionsexemplar!



Eigene Meinung

Ich habe schon die vorherige Reihe von Laini Taylor geliebt. „Daughter of Smoke and Bone“ war ein wunderschönes Buch über magische Bewohner von Prag und anderen Dimensionen. Und dieses Buch tut es absolut genauso.

Das Genialste an diesem Buch ist die wunderschöne Atmosphäre, die sich wandeln und winden kann und doch immer dieselbe bleibt. Ich liebe es absolut, in dieses Buch abzutauchen und genau zu wissen, in welcher Welt und in welcher Situation ich mich befinde. Das ist auch gar nicht abhängig von den Charakteren, sondern mehr von dem wunderschönen Schreibstil, dem keine Grenzen in seiner Ausdruckskraft gesetzt sind.

Mein Staunen nahm einfach kein Ende, als ich durch endlose Wüsten, abgeschlossene Räume, endlose Büchereien und abgeschlossene Kerker wandern durfte und unzählige Charaktere mich davon überzeugen wollten, dass sie alle gleich meiner Aufmerksamkeit verdienen.

Absolut aus der Bahn geworfen haben mich nämlich auch die Charaktere in diesem Buch. Jeder von ihnen ist so unterschiedlich von allen anderen, jeder hat seine komplett eigene Geschichte und seine Hintergründe, die sich in seinen Ängsten und Erlebnissen begründen.

Der Protagonist in diesem Buch ist Lazlo Strange. Ein Weise, der sich in die Geschichte eines verschwunden Landes, das viele als mystische Sage abtun, einliest und so viel darüber studiert, dass er nicht nur einer der besten Gelehrten auf diesem Gebiet wird, sondern seine Studien auch noch vom Königshaus gestohlen werden. Lazlo ist ein Träumer. Nicht, dass der Titel es nicht schon sagen würde, aber Lazlo wird nicht einfach immer wieder wie ein dümmlicher Tagträumer dargestellt, sondern von jemand, der von einem Leben außerhalb seines jetzigen träumt, einer großen Aufgabe und einer Bestimmung, die ihm noch nicht bekannt ist. Lazlo wird wahrscheinlich noch eine sehr viel größere Rolle spielen, als ihm selbst bewusst ist, aber gerade die ersten hundert Seiten, in denen eigentlich überhaupt nicht klar ist, worum es sich in diesem Buch dreht, sind sehr intensiv, weil sie den Protagonisten in einer Weise darstellen, wie wenige Bücher es sich trauen. Von Anfang an, mit allen Charaktereigenschaften und Geschichten, ohne dabei in endlose Monologe zu verfallen. Ich liebe Lazlo, obwohl er teilweise wieder in den Hintergrund rückt.

Was mich aber an Taylors Büchern am meisten fasziniert, sind ihre Neuinterpretationen von „alten“ Geschichten von Sagenwesen und Mythologien. In diesem Buch wissen wir sehr lange nicht, worum es sich überhaupt handelt und was der eigentliche Plot des Buches ist. Als wir dann aber erfahren, dass es im Wesentlichen um Dschinns geht, die sich aber in völlig andere Form manifestieren, als wir es aus popkulturellen Erzählungen gewohnt sind, verschlägt es einem dem Atem.

Und auch, wie sehr es eine Gesellschaft entzweien und aus dem Ruder werfen kann, wenn sie mit Wesen in Kontakt kommen, die sie vorher nicht kannten und von denen sie nicht wissen, wie ihre Regeln funktionieren, ist beeindruckend dargestellt. Denn das ganze Leben derer, die von den Dschinns besucht wurden und eigentlich immer noch werden, ist absolut neu und anders geworden, für viele bestimmt es ihr ganzes Leben und dies nicht in einer guten Weise.

Aber auch die verschiedenen Sichtweisen haben mich sehr überzeugt. Wir sehen nämlich genau die gegensätzlichen Seiten eines Konflikts, der nicht lösbar scheint und definitiv nicht ohne Gewalt gelöst werden kann. Wie sich beide Seiten von der anderen bedroht fühlen und wie verschiedene Motivationen, die gar nicht falsch gerichtet sein müssen, auf einmal das Leben von anderen auszulöschen droht, obwohl diese eigentlich nur in Frieden leben möchten.

Der Plot dieses Buches kann als klassische Heldenreise definiert werden und ist doch so viel mehr als das. Er hat innovative Magie und Magiesysteme, freche und sarkastische Charaktere, aber auch gebrochene Menschen, die sich ihren schlimmsten Dämonen nicht mehr stellen können. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Wesen, die nicht genau wissen, wie sie sich verhalten sollen, von geerbtem Hass und Wut geprägt und trotzdem auf der Suche nach einem Weg in ein besseres Leben.

Ich finde es wunderbar, wie wir mitbekommen, was die Magie dieser Welt ausmacht. Und ich finde es immer absolut faszinierend, wenn man in Büchern die Anwesenheit einer gewissen Grundenergie von Magie immer und immer wieder spüren kann. Wie ein Grundsummen, das den Takt der Geschichte angibt. Ich liebe Taylors Schreibstil und die Fähigkeit, Magie so natürlich wirken zu lassen wie fließendes Wasser.


Fazit

Dieses Buch kann ich allen empfehlen, die sich entweder mit magischen Geschichten auseinandersetzen möchten oder einfach ein gutes Buch lesen möchten. Denn das ist es: Ein verdammt gutes Buch. Innovativ, manchmal schräg, aber eben auch wunderschön und immer wieder zum Sterben schön. Der Konflikt ist echt und nachvollziehbar, die Magie immer da und die Charaktere gleichzeitig theatralisch und verblüffend echt. Ich kann dieses Buch nur voll empfehlen und wünsche jedem magische Lesestunden, die einen staunend zurücklassen werden!

5 von 5 Tintenkleckse
 

4 Comments

  1. Pingback: Strange the Dreamer 1. Der Junge, der träumte | Laini Taylor | Rezension - Buchstabensalat

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