“Mein Name ist Monster” von Katie Hale | Rezension

 

Ich wünschte, ich würde in der jetzigen Zeit keinen Roman rezensieren, der auf dem Gedanken basiert, dass eine mysteriöse Krankheit die gesamte Menschheit bis auf eine Person auslöscht. Aber genau das ist die Prämisse von „Mein Name ist Monster“, denn nur eine einzige Frau kann die Apokalypse überleben. Keine Zombies, keine Atomwaffen (zumindest sieht man keine Auswirkungen davon) sondern nur, dass es keine Menschen mehr gibt. Das wars.

Doch, wie kommt man damit zurück? Wie überlebt man in einer Welt, die darauf angewiesen war, dass global zusammengearbeitet wurde? Allein?


Bibliographische Daten

  • Autorin: Katie Hale
  • Genre: Roman, Dystopie
  • Verlag: S. Fischer
  • Übersetzerin: Eva Kemper
  • Seitenzahl: 380 S.
  • ISBN: 978-3-10-397469-0

Kurzbeschreibung

 Während ihre Eltern starben und die letzten sicheren Städte zerstört wurden, hat eine junge Frau im Saatguttresor im arktischen Spitzbergen ausgeharrt und die Welt gemieden. Doch dort kann sie nicht bleiben. Auf ihrer Reise nach Süden wird sie an die Küste Schottlands angespült – und trifft auf ein verwildertes Mädchen. Für die beiden letzten Überlebenden einer versunkenen Welt ist es die Hoffnung auf einen Neuanfang.

Doch wie soll man seinen Weg fortsetzen, wenn es kein Zuhause mehr gibt? Wie soll man ohne Wurzeln wieder wachsen? Wie neues Leben säen einzig unter Frauen?


Vielen Dank an den S. Fischer-Verlag für das Rezensionsexemplar!



Eigene Meinung

Ich finde es absolut faszinierend, wie dieses Buch in seinem Schreibstil immer wieder zwischen Lyrik, Kurzgeschichte und Roman hin- und her springt und sich irgendwie nicht entscheiden kann. Kapitel schwanken zwischen einer und über zwanzig Seiten und sind dabei in ihrer Intensität sehr unterschiedlich.

Ich wollte das Buch lieben, wegen einer der Zeilen auf seinem Rücken: „Wie neues Leben säen einzig unter Frauen?“ Allerdings war mir die Auflösung dieses Satzes viel zu hanebüchen. Aber von Anfang an:

Denn nachdem die einzige Frau, die sich „Monster“ nennt und alles aus ihrer Vergangenheit eigentlich vergessen möchte, aber auch Dinge getan hat, die sie am liebsten vergessen würde und die Dinge aufgab, die sie nun plagen, überlebt und an der Küste Schottlands angespült wird, findet sie doch irgendwann ein kleines Mädchen, das so scheint, als hätte sie nie sprechen gelernt oder in der Zivilisation gelernt. Wie sie überleben konnte, wird nie erklärt und ihre Vergangenheit bleibt diffus.

Trotzdem müssen diese beiden Generationen an Frauen lernen, wie sie nun – allein – die Welt für sich gestalten wollen. Ob sie andere Menschen suchen wollen, ob sie sich nur für sich interessieren und wie sie ihre Zukunft planen wollen. Auch wie die ältere Frau mit dem neuen „Monster“ umgeht, denn so nennt sie das kleine Mädchen von nun an, ist absolut ihrer Situation geschuldet und wirkt auf den Leser absolut unwirklich, fahrlässig und teilweise absolut manipulierend.

Es stellt sich die erschreckende Frage, wie man ein Kind erzieht, welches man niemals verlieren will. Und von dem man nie eine Elternfigur sein wollte. Wie viel bringt man dem Kind bei? Wie viel lässt man aus? Und wann rächt sich welche Verhaltensweise, weil man bemerkt, dass sich die Denkweise grundlegend anders von der eigenen in einer einsamen Welt entwickelt?

Neben abenteuerlichen Versuchen, sich selbst am Leben zu erhalten, die teilweise schon an den Einfallsreichtum von Mark Watney aus „Der Marsianer“ heranreichen, gibt es aber in diesem Buch auch das pure Überleben zu spüren. Wie man auf einmal Angst vor Hunden bekommt, die sich in Rudeln zusammenrotten. Wie das Leben aussieht, wenn man darauf angewiesen ist, dass man sich selbst gärtnern beibringen kann und sich schrittweise alles beibringen muss, was zum Überleben notwendig ist.

Faszinierend war für mich vor allem, wie sich die eigene Persönlichkeit entwickelt, wenn es niemanden mehr gibt, der mit einem spricht, der die Aktionen hinterfragt, die man immer wieder gezwungen ist, auszuführen. Und vor allem, wenn es niemanden mehr gibt, der diejenige Person anfasst und ansieht. Das Äußerliche wird immer unwichtiger, Sprache immer abgehackter und verschiedene Verhaltensweisen so sehr selbstbezogen, dass es für Menschen aus unserer Gesellschaft sehr ungewohnt wirkt.

Und wie seltsam es dann zusätzlich noch wird, wenn die einzige Person, die einen sieht, ein Kind ist, dem man die Welt von der Pieke an beibringen muss, stellt dieses Buch sehr eindrucksvoll dar.

Ich fand dieses Buch allerdings ab der Hälfte sehr merkwürdig, die Richtung ging verloren, die Geschichte entwickelte sich nicht weiter, ich verstand nicht, wie der Plot weiter aufgebaut sein sollte, was sich hier genau bewegte, außer die beiden Frauen durch die Jahreszeiten.

Und außer, dass die beiden sich manchmal streiten, schöne Dinge finden oder ihren Hof mit neuen Dingen und Tieren erweitern können, passiert genau gar nichts. Es passiert zwar relativ viel Introspektive, aber die wurde für mich relativ schnell repetitiv und nicht ausgebaut, sodass ich wirklich etwas Neues mitnehmen könnte.

Und zum Ende hin kommen wir dann zu dem Satz, der mich so neugierig machte. Ich gratuliere die Entscheidung, ein Buch wirklich nur unter Frauen zu schreiben und nicht eine Rettung durch eine Siedlung von Männern herbeizuführen.

Allerdings ist die Lösung des Kindes (und ab hier heftige SPOILER), dass sie sich in einem noch intakten Krankenhaus Spermien injiziert. Warum sie weiß, wie das geht oder wieso sie genau ein Kind haben möchte, wird absolut nicht erklärt, scheint nicht wichtig. Es scheint nur die Metapher zu gelten, dass zwei Frauen auch neues Leben erschaffen können und wie auch so neues Leben sprießen kann, nicht um Logik und Nachvollziehbarkeit dahinter.

Wir lesen also danach von vielen Szenen, die die Schwangerschaft einer Teenagerin zusammenfassen und ich fühlte mich immer distanzierter von dem Buch, möchte immer wieder abbrechen, weil der Plot für mich absolut keine Aussage mehr machte.

Das Buch endete mit der Geburt und sollte bei dieser wohl von einer großen Erkenntnis geschlossen werden, die für mich aber nichts aussagte außer: Tja, das Leben geht wohl immer weiter.

Und das fand ich unfassbar schade, weil vor allem in der Vorgeschichte der älteren Frau so viel Potential lag, dass sie immer weiter ablegte und verbitterte.


Fazit

Dieses Buch kann ich also empfehlen alleine für seine erste Hälfte. Es ist ein starker Überlebensroman, der viel mit Introspektive arbeitet, schrittweise eine schlimme Vergangenheit aufarbeitet und sich immer wieder auch an ekligen Elementen bedient, um seine Message rüberzubringen. Auch manche Ansätze zur Mutterschaft und vor allem zur Erziehung fand ich weiterhin spannend, die letzte Konsequenz des Romans war mir aber absolut zu überzogen, nicht real und wirkte zu gezwungen und metaphorisch, als dass ich sie wirklich ernstnehmen konnte. Für mich verlief sich der richtige Plot und ließ das Buch schwach enden.

3.5 von 5 Tintenkleckse
 

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